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Am 3.6.2006 startete das
Musem für
Ur- und Frühgeschichte in Wolfenbüttel die erste Grabungskampagne
auf der "Schwedenschanze" in
Isingerrode. Wieder dabei bin ich mit dem archäologischen
Förderverein FABL e.V..
DER ORT
Der Ort zwischen Schladen und Hornburg im nördlichen
Harzvorland liegt am Rand einer von mehreren Terrassen, die die
Flüsse
Ecker, Oker und Warne seit der Eiszeit dort umgelagert hatten.
Die Topographie des Geländes ist sehr auffällig: Ein
steiler Abhang von 32m Tiefe begrenzt die Terrasse nach Westen,
unterhalb derer
der Ort Isingerode mit der Ecker liegt. An der Kante entlang erstreckt
sich ein schmales Waldstück, das seit den Fünfziger Jahren
dort entstanden ist. Dahinter liegt ein Getreidefeld. Wir finden
hier nicht den fruchtbaren
Lößboden,
wie er nur wenige Kilometer weiter nördlich
vorkommt, sondern Kies. Entsprechend schwer hat es die Landwirtschaft:
Die Humusschicht ist
nur etwa 20 cm stark, der Boden wenig ergiebig.

Bild: Planum im Grabenbereich.
LUFTBILDER
Schon in den Dreißiger Jahren des 20. Jhds. machte ein
Archäologe
erste Luftbilder über Isingerode. Auf ihnen ist ein Wallgraben
zu erkennen, der jedoch nicht kreisrund, sondern nur halbmondförmig
an
der Kante
der Terrasse gelegen ist. Von der Anlage war zu diesen Zeitpunkt
sogar noch mehr erhalten. Leider wurde lange Zeit entlang der
Kante Kies
abgebaut und dabei mindestens ein Drittel der Gesamtanlage unwiederbringlich
zerstört. Erst in den Fünfziger Jahren wurde der Abbau
gestoppt und das Gelände unter Naturschutz gestellt. Das
führte zwar
zur Rettung der verblieben Teile, jetzt aber konkurrieren der
Naturschutz und Archäologie.
Mit der neuen Grabungskampagne erschien es daher sinnvoll, erneut über
das Gelände
zu fliegen. Am 17.Juni 2006 war es soweit:
Schon am Boden sind Unterschiede deutlich erkennbar. Über
dem Graben
ist das
Getreide
noch grün,
das übrige Feld ist bereits fast reif.

Bild: Grabung, Blick nach Süden.
DER FLUG
Auf dem Sportflugplatz Schäferstuhl
in Salzgitter-Bad steige ich in eine DR400 Robin,
eine kleine viersitzige Sportmaschine von ca. 1970. Nach einer
kleinen, vertrauenerweckenden Startschwierigkeit heben wir um
16.41 Uhr in Richtung Isingerode ab. Das Wetter
ist ideal: Bedeckter Himmel, also kein Schattenwurf, aber kein
Regen und warm. Schnell erreichen
wir die 1000m-Grenze, dann aber geht es wieder abwärts auf
gerade mal 150m über dem Boden. Das Plexiglas-Verdeck
besitzt leider keine Kamera-Öffnung, also muss ich durch
die Scheibe fotografieren und versuchen nicht zu wackeln!
Bild:
Einstieg ins Cockpit.
Über Isingerode haben wir dann das große Aha-Erlebnis.
Nicht ein Wallgraben, nein zwei konzentrische Gräben zeichnen sich deutlich ab.
Damit hat der Grabungsleiter Wolf-Dieter Steinmetz nicht unbedingt
gerechnet. Zwar waren auf den alten Luftbildern gewisse Strukturen
erkennbar, sie aber als zweiten Graben zu deuten, erschien zu gewagt.
Deutlich wird auch, dass die Ausgrabungsfläche richtig eingemessen
wurde und den inneren Graben anschneidet.

Bild: Übersicht, Blick nach Osten.

Bild: Kante der Kiesterrasse.
IN DER NÄHE: DIE WERLA
Nach diesen phantastischen Eindrücken fliegt uns der Pilot
freundlicherweise
über ein weiteres Bodendenkmal in der Umgebung.
Die Kaiserpfalz
bei Werlaburgdorf, bei uns kurz "die Werla" genannt,
wird
gerade archäologisch
untersucht.
Die ca. 1000 Jahre alte Anlage ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht
touristisch erschlossen und soll in den folgenden Jahren in einen
archäologischen
Park eingebettet werden. (Nachtrag 2014: Inzwischen sind die
eindrucksvollen
Überreste freigelegt, ein Turm wurde rekonstruiert und die Werla
ist für Besucher kostenfrei geöffnet.)

Bild: Kaiserpfalz Werla vor der Ausgrabung 2006.
Nach insgesamt einer halben Stunde in der Luft landen wir sanft
auf der Piste. Die Kameras voll mit einigen hundert Aufnahmen
und überwältigt
von den Eindrücken fahren wir mit dem Auto nach Isingerode zurück.
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THEMEN:
Luftbildarchäologie: Die Luftbildarchäologie
dient der Suche und Erkundung von Bodendenkmälern
sowie der Vorbereitung von Grabungen. Besondere Bedeutung haben
Bewuchsmerkmale, also aus der Luft sichtbare Unterschiede des
Reifegrades oder der Dichte
von Pflanzen insbesondere auf Äckern. Nur zu bestimmten
Jahreszeiten und meist auch nur wenige Tage sind Anomalien über
Mauerresten oder verfüllten Gräben zu beobachten. Auch
geologische Strukturen werden durch Verfärbungen sichtbar.
Diese allerdings unterscheidet das geübte Auge leicht von
Bodendenkmälern. Die folgenden Ausschnitte desselben
Bildes verdeutlichen die Schwierigkeiten.
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Feld unreif, kaum etwas erkennbar. |
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Beginnende Reife: geologische Strukturen. |
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Bodendenkmal erkennbar. |
Landwirtschaft und Archäologie: Normalerweise
reicht der Pflug 50-80 cm tief und hat in diesem Bereich alle Zusammenhänge
zerstört oder
gar das Gelände eingeebnet. Die Archäologie
verdankt der intensiven Landwirtschaft aber auch die Entdeckung unzähliger
Bodendenkmäler. So haben schon immer Bauern auf
den Feldern Oberflächenfunde gemacht und die Denkmalämter
informiert. Auch die Luftbildarchäologie entdeckt immer wieder
vor allem auf Feldern neue Bodendenkmale. Eine enge Zusammenarbeit
mit
den Bauern ist daher erforderlich, aber auch Überzeugungsarbeit
im Vorfeld einer Grabung. In Isingerode ist der betreffende Bauer
sehr
kooperativ. Freundlicherweise dürfen wir sogar nach der Ernte
das ganze Feld untersuchen, wo wir jetzt nur am Rande graben.
Schwedenschanze:
Unzählige Scherben in den Heimatmuseen und privaten Kellern
zeugen vom Interesse an unserer Ur-und Frühgeschichte. Auch
in Isingerode haben sich die Menschen über ihre Funde Gedanken
gemacht. Ein Anwohner berichtet, dass ein Lehrer in seiner Kindheit
mit seiner Klasse in einem Fuchsbau ein gut erhaltenes Gefäß gefunden
und mit in die Schule genommen hat. Dennoch war immer unklar, wie
alt die Anlage wirklich ist. So bekam sie den Namen "Schwedenschanze",
wie unzählige ähnliche Bodendenkmale in Deutschland auch,
deren wahre Funktion unbekannt war. Zwar sind die Schweden im Dreißigjährigen
Krieg hier irgendwo durchgezogen, und der Ort ist aus strategischer
Sicht sehr interessant, sonst gäbe es dort keine Burg, dennoch haben
wir es mit einem Burgwall aus der jüngeren Bronzezeit zu tun.
Dies belegen bereits die Oberflächenfunde,
die gut datierbar sind. |
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